von David Nägeli ・, 16.06.2016
Cooles Kufsteiner Publikum
Die Frauenfelder „The Rising Lights“ spielten am Wochenende vom 11. Juni im österreichischen Kufstein im Rahmen eines Kulturaustausches zwischen den Städten. thurgaukultur.ch war gemeinsam mit der Band auf Besuch in der Frauenfelder Partnerstadt. Eine Reportage.
David Nägeli
Die „Rising Lights“ rollen pünktlich los: 8:30 Uhr, Samstag Morgen, fieser Regen, unverschämt freundliches Musikerlächeln für die frühe Uhrzeit. Am Steuer zweier Kleinbusse sitzen die Eltern der jungen Bandmitglieder. Fahren könnten die im Schnitt 21-Jährigen auch alleine, aber ein Rising Lights-Konzert ist auch ein Happening für die ganze Familie. Sie sind zu zwölft unterwegs - eine Entourage, die sonst eher grösseren Bands vorenthalten ist.
Beim Pop-Macher zu Gast
Dass die „Rising Lights“ heute zur Partnerstadt von Frauenfeld reisen, war ursprünglich deren eigene Idee. Am “Mitenand Fest“ traf die Band auf Kurt Sieber, den Präsidenten des Fördervereins Frauenfeld-Kufstein, und die Idee des Bandaustauschs entstand. Die Auswahl der Band traf schliesslich der Veranstalter im Tirol, dennoch zeugt das vom gelungenen Networking der Band. “Heute reicht es in der Musikszene nicht, selbst alles zu geben. Die richtigen Kontakte sind ebenfalls sehr wichtig”, sagt Dennis Koch, Gitarrist und Sänger, während wir den Zoll überqueren und die Band vom Beamten die vorbereitete Ausführliste abstempeln lässt.
Das jüngste Rising Lights-Video. Gefilmt vom Jann Kessler.
Das Networking nehmen die „Rising Lights“ ernst. Für ihre nächsten Aufnahmen besuchen sie die Department of Noise-Studios (Marc Sway, Seven, Musicstar) in Zürich, gleich neben dem Arbeitsplatz des Schweizer Pop-Machers Thomas Fessler (77 Bombay Street, Florian Ast, Lovebugs). “Das ist für uns ein wichtiger Schritt, um in der Musikszene Fuss fassen zu können”, sagt Koch. Die Band plant bei ihm ein Komplettpaket von erster Idee bis zum finalen Produkt. Die jungen Thurgauer wollen eben Hochglanz.
Im Bus am Synthesizer basteln
In der Band spielen neben Koch: Simeon Wälti (Drums & Gesang) und Jovin Langenegger (Bass). Die drei sind ein eingespieltes Team: Im Bus wird mit dem Laptop noch an den letzten Details des Konzertintros gefeilt und die Band jongliert mit tontechnischen Begriffen dabei genau so hin und her, wie mit Aktualitäten aus der (Pop-)Musikszene. Versiert sind sie in beiden Themen, sympathisch ebenfalls. „Wir sind eigentlich viel zu freundlich als Musiker“, sagt Langenegger später am Abend.
Simeon Wälti, Jovin Langenegger, Dennis Koch (untere Reihe v.l.n.r.) unterwegs mit Familie und Freunden. Bild: David Nägeli
Nach gut fünf Stunden Fahrt erreichen sie Kufstein. Von weitem fällt bereits die Festung auf, die über die Kleinstadt wacht. Rund 20'000 Menschen leben hier, während des Festivals sind nochmals so viele zu Gast in der “Perle von Tirol”. Die Band schläft im Hotel, die Auswahl war gross. Alleine in der Innenstadt findet sich ein gutes Dutzend Gasthäuser - in den meisten davon tragen die weiblichen Angestellten ein Dirndl. Schliesslich lebt das Tirol stark vom Tourismus und den damit verbundenen Klischees.
Etwas Musikfestwochen, etwas Dorffest
Das Kufstein Unlimited ist das “grösste Pop- und Rockfestival Westösterreichs”. Das heisst: 50 Bands auf fünf Bühnen, knapp 25'000 Besucher, als Headliner Fritz Kalkbrenner. Tagsüber unterhalten Strassenkünstler und Coverbands, die häufig halbherzige Version von Led Zeppelin-Klassikern oder Chartbrechern aus dem letzten Jahrzehnt spielen. Am Abend stehen grösstenteils Bands aus der Region auf der Bühne. Kufstein Unlimited ist in etwa eine Kreuzung aus den Winterthurer Musikfestwochen und einem überdimensionierten Dorffest.
Ähnlich wie Frauenfeld
Nach einer Erkundungstour (das Stadtzentrum ist eher klein) treffen sich die „Rising Lights“ wieder im Hotel. „Die Stadt erinnert uns doch an Frauenfeld“, sagt Wälti, während die Band gemeinsam das Outfit für die Show diskutiert. „Die Städte sind beide doch noch ziemlich ländlich“, ergänzt Langenegger. „Aber für das Festival hat man sich enorm Mühe gegeben, das merkt man. Wir müssen schon eine gute Show abliefern.“
Gemeinsame Kleider-Diskussion vor dem Gig. Bild: David Nägeli
Eine knappe Stunde später steht die Band auf einer der fünf Bühnen in der Innenstadt. Eine Gruppe an regionalen Teenie-Schwarms hat zuvor die Bühne bespielt, dahinter stehen die Verwandten bereit, um den „Rising Lights“ dabei zu helfen, ihr Equipment auf die Bühne zu schleppen. Das Intro, welches im Bus fertiggebastelt wurde, ist zu hören und ab geht’s.
Gelungenes Gastkonzert
Die Band spielt tight, Langenegger hüpft die Bühne hoch und runter, während Koch Gitarrenlicks im Hendrix-Style aneinanderreiht und Wälti hinter den Drums die Basis liefert: Von zweiter Stimme über Backingtracks, bis zu den häufig treibenden Drum-Beats. Definitiv: Das Konzert ist gelungen, den einigen Hundert Gästen vor der Bühne gefallen die Thurgauer. Gerade unter den jüngeren Damen schaffen sie sich den einen oder anderen neuen Fan. „So ein cooles Publikum hatten wir noch nie“, resümiert Langenegger am nächsten Tag. „Und das Ambiente in der Stadt ist auch einfach gelungen“, sagt Koch. „Die beiden Häuserreihen neben der Bühne erinnern an die Musikfestwochen in Winterthur.“
Vor zehn Uhr ist die Band bereits wieder auf den Beinen, von Kater keine Spur. Die „Rising Lights“ grinsen bereits wieder genau so sympathisch wie am morgen zuvor. Ob sie zu freundlich sind für eine Rockband? Vielleicht. Aber genau diese Freundlichkeit und Offenheit hat dafür gesorgt, dass eine Frauenfelder Band nach Kufstein reist. Und könnte - gemeinsam mit der Arbeitsmentalität der jungen Band - auch dafür sorgen, dass sie über die Kantonsgrenzen hinaus die Bühnen erobern wird.
Die PartnerschaftWährend des Wiederaufbaus von Kufstein, das unter dem 2. Weltkrieg stark gelitten hatte, lud Frauenfeld die Kinder von Kufstein ein, im Thurgau ihre Ferien zu verbringen. Seit der damaligen Städtefreundschaft ist eine engere Partnerschaft zwischen den beiden Städten entstanden. Neben Vereinsbesuchen besteht die Zusammenarbeit heute vorwiegend aus kulturellem Austausch, wie einem Frauenfelder Raclette-Stand am kommenden Kaiserfest.
Beinahe jede Beiz der Stadt hat einen Stand am Festival - darunter auch das „Bräustüberl“, eine etwas rustikalere Bar, die an das Brauhaus in Frauenfeld erinnert. Hier findet sich das „Frauenfelder Stüberl“ - eines der Zeichen der Städtepartnerschaft. Seit gut dreieinhalb Jahren führt Reinhold Plachel das „Stüberl“ in Kufstein. „Hätte ich hier ein Münchner Stüberl gemacht, hätte ich vielleicht etwas mehr Gäste“, sagt er. „Aber die Städtepartnerschaft soll man wahren. Schliesslich ist Frauenfeld den Kufsteiner Kindern bereits vor vielen Jahren zur Seite gestanden.“ (dn) |
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