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von , 03.08.2017

Die Brückenbauer

Die Brückenbauer
Von der Stadt aufs Land: die Galeristen Jordanis Theodoridis und Werner Widmer. | © Philipp Bürkler

Kunst findet man schon längst mehr nur in den bekannten Zentren dieser Welt, sondern auch in der Peripherie, manchmal an Orten die uns überraschen. Es bedarf allerdings Mut ein Kunstzentrum wie Zürich zu verlassen, um ein neues Experiment auf dem Land einzugehen. Die Galerie WidmerTheodoridis hat dieses Experiment gewagt. Wir haben die beiden Galeristen Werner Widmer und Jordanis Theodoridis zum Gespräch in ihren Räumen in Eschlikon getroffen.

Von Anabel Roque Rodriguez

Werner Widmer und Jordanis Theodoridis sind bereits seit zwölf Jahren Galeristen. Über Kunst, die sie spannend finden sagen sie: „Uns interessieren vor allem die Themen, die sich mit existenzieller Fragen, dem Menschsein, dem Sinn des Lebens und den Formen unseres Zusammenseins beschäftigen und das in einer Form, die nicht grob, sondern auch ästhetisch wirkt.“ Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bilden dabei Künstler aus der Schweiz, Deutschland und Österreich mit einem Schwerpunkt im Bereich Fotografie, Zeichnung und Objekte. Im heutigen Galerieprogramm tauchen auch einige regionale Künstler auf wie die im Thurgau lebenden Kunstschaffenden Simone Kappeler oder Othmar Eder. Eine Besonderheit bei dem Galeristen-Duo ist, dass Werner Widmer auch selbst Künstler ist. „Sein Schaffen hat wenn dann nur in der Ernsthaftigkeit bei der Ausübung eine Bedeutung: Künstler, die ernsthaft und auch mit einer gewissen Obsession 'am Ball' bleiben, verdienen unseren Respekt.“ beantwortet Theodoridis die Frage welche Bedeutung diese Konstellation für ihre Tätigkeit hat.

Bevor sie nach Eschlikon zogen, betrieben die beiden acht Jahre lang bis 2013 eine Galerie im Herzen der Altstadt in Zürich. Damals spielten die speziellen Räume eine grosse Rolle und trugen zum Charme der Galerie bei: Als Hauptraum diente eine mittelalterliche Backstube und als Projektraum wurde der ein Meter schmale und zehn Meter lange Ehegraben mit experimentellen Installationen bespielt. Im Laufe der Jahre haben sie den Entschluss gefasst, sich zu vergrössern. Neue Räume sollten her. „Die Suche nach bezahlbarem Galerieraum in Zürich zog sich über mehrere Jahre hin und so begannen wir auch Alternativen in Betracht zu ziehen.“ Auf einem alten Bauernhofanwesen in Eschlikon fand die Galerie eine neue Heimat und die ursprüngliche Zweiteilung in Galerie und Projektraum ist auch im Thurgau geblieben: das kleine ehemalige Stickereihaus auf dem Gelände wurde durch einen modernen Galeriebau auf zwei Ebenen ersetzt. Der ehemalige Stall des Hofes dient als Projektraum; Tradition trifft hier auf neue künstlerische Innovation.

Der Umzug hat neue Besucher in die Galerie gebracht 

Der Schritt in die eher ländliche Umgebung brachte einige Veränderungen mit sich, erzählt Jordanis Theodoridis offen im Gespräch. Viele der Stammkunden sind den Schritt mit der Galerie gegangen und als Besucher erhalten geblieben, anderen ist der Weg aus Zürich nun aber zu weit. Es haben sich aber auch neue Besucherkreise gebildet und die wohl überraschendste Entwicklung für die beiden Galeristen ist, dass ihre Galerie plötzlich eine bessere Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit bekommen hat. „Künstler aus der Region gehen direkter auf uns zu. Auch Sammler, die die Nähe schätzen und regionale Initiativen einen Vorzug geben möchten treten an uns heran. Neue Kollaborationen ergeben sich: Institutionelle Organisationen, die regional verbunden sind und deshalb auch Menschen aus der Region für Reden, Präsentation, Jury-Mitarbeit für diese Arbeiten auswählen treten nun häufiger an uns heran.“ Während sie in Zürich eine Galerie unter vielen waren, können sie in Eschlikon von ihrer Sonderstellung profitieren, was die beiden als einen Zugewinn an Freiheit empfinden.

Ein guter Galerist ist prägend für Künstler, denn dieser bildet die Schnittstelle zwischen der künstlerischen Produktion in den privaten Atelierräumen und der Öffentlichkeit. Auf die Frage was ihn als Galerist antreibt antwortet Theodoridis: „Die Leidenschaft, sich mit Kunst zu beschäftigen, Themen aus anderen Perspektiven zu betrachten, sich mit Künstlern und ihren Ideen auseinanderzusetzen und das alles dann zu vermitteln, anderen Menschen die gleiche Begeisterung weiterzugeben, ein Feuer zu entfachen.“ Neben der klassischen Galerientätigkeit gehen die beiden auch neue Wege und experimentieren mit Formaten, die persönlicher sind, wie etwa mit geführten Kunstreisen: in diesem Jahr stand mehrfach der Besuch auf der documenta in Athen auf dem Programm, eine willkommene Abwechselung für den griechisch stämmigen Jordanis Theodoridis. Weitere Ziele werden im November der Besuch auf der Kunstmesse Paris Photo sein und im Frühjahr nächsten Jahres das Gallery Weekend in Berlin. Zweck dieser Reisen ist es, Kunstzentren neu zu erleben und klassische Besuche mit Atelierbesuchen und Kontakten zu lokalen Kunstakteuren zu verbinden. Während die Galerie zwar nun in der Peripherie verortet ist, heisst das ja nicht, dass man nicht auch Brücken zu Zentren schlagen kann. Synergien sind für ihre Arbeit als Galerie entscheidend betont Theodoridis immer wieder im Gespräch.

White cube mitten im Nirgendwo: Das ist die Galerie Widmertheodoridis in Eschlikon. Bild: Galerie 

Für die Zukunft wünschen sich die Galeristen neben der klassischen Galeristentätigkeit mehr Kollaborationen mit Institutionen. Die kuratorische Leidenschaft haben sie bisher über ihre Projekträume ausgelebt und hoffen weitere Formate in der Zukunft auch gemeinsam mit Museen verwirklichen zu können. Nach ihrem Rezept für eine erfolgreiche Galerie gefragt, antwortet Theodoridis: „Es gehört viel Idealismus dazu eine Galerie und einen Projektraum zu führen und man muss sich auch immer  wieder an die Zeit und die Veränderungen anpassen können. Die Finanzierung zwischen experimentellen Formaten und klassischem Galerieprogramm ist immer wieder ein grosses Thema und erfordert einen Balanceakt zwischen den Formaten, die man interessant findet und neuen Experimenten die eine Veränderung mit sich bringen.“ Der Umzug ins Thurgau hat auch ein Nachdenken über die Stadt-Land Beziehung mit sich gebracht. Durch die Mietpreise im Zentrum und eine Besinnung auf das moderene Landleben kommt es zu einer Verstädterung des Landes und die Grenzen zwischen Stadt und Land werden zunehmend fliessend. Eine Entwicklung, die neue Möglichkeiten für die Galerie mit sich bringen könnte. Direkt vor der Galerie ist derzeit eine Grossbaustelle, in der um die 200 Wohnungen entstehen werden.

Termine: Wer sich selbst ein Bild von der Galerie machen möchte kann dies zur Sommereröffnung am 26. August 2017 von 15 bis 20 Uhr mit anschliessendem Sommerfest sowie am 27. August 2016 zwischen 11 und 16 Uhr tun. Gezeigt werden in einer Doppelvernissage die Arbeiten der Künstler Felix Baudenbacher und Alex Hanimann.

Video: Zur Werkschau Thurgau 2016 hat Samantha Zaugg ein Videoporträt der Galerie gedreht

 

 

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