von Zora Debrunner, 16.05.2018
Ein Spaziergang mit Felix Brenner
Der bildende Künstler Felix Brenner ist einer der sechs Preisträger des Förderpreises für Kulturschaffende des Kantons Thurgau. Thurgaukultur traf ihn in seinem Zuhause in Altnau inmitten blühender Apfelbäume. Teil 2 unserer Serie über die Gewinner der diesjährigen Förderbeiträge des Kantons
Von Zora Debrunner (Text) und Sascha Erni (Fotos)
Ein Treffen mit Felix Brenner könnte nie in einem anonymen Café stattfinden. Er ist zwar ein Mann der Technik, aber besonders eben auch der Natur. In seinem Zuhause in Altnau ist die Zentrale seines Schaffens und Denkens. Zwei Garagen konnte er als Arbeitsräume umnutzen, hier steht auch seine über 150 Jahre alte Druckpresse. Er hat eigene Verfahren für die Lithografie von Fotos entwickelt.
Felix Brenner beschreibt in einfachen Worten die Komplexität des Druckens, schildert, wie viele Arbeitsgänge es dafür braucht – und wie sehr er sich auf den Frühling freut. Im Winter kann er nämlich aufgrund der Kälte nicht mit seinem Werkzeug arbeiten. Das Material, hauptsächlich das Öl, würde den tiefen Temperaturen nicht standhalten. Und für Experimente ist es ihm zu teuer. Brenner mag nichts verschwenden. Auch im Sommer kann er nicht immer drucken, da die hohen Temperaturen ebenfalls schädlich für seine Arbeiten sind. So nutzt er die Nachmittagszeit, indem er Steine schleift. Jetzt, im beginnenden Frühling, pflegt und hegt er seine vielen seltenen Pflanzen, die er mit Sachverstand in der einen Garage aufbewahrt hat und so dafür sorgte, dass sie den Winter gut überstanden haben.
Eines seiner Lebensmottos: «Dann machs!»
Begeistert erzählt er von seinen Erfahrungen an der Schule für Gestaltung in Basel. Er schildert, nicht ohne ein feines Grinsen im Gesicht, wie er kettenrauchend eine Lichtstudie entwickeln wollte, die ihm schlussendlich im Dunkelraum «abverreckt» sei. Er habe das Problem dann einfach mit einer Schalenentwicklung gelöst, zum anfänglichen Entsetzen seiner Ausbildnerin. Felix Brenner spricht von vielen Menschen, die längst nicht mehr leben, die ihn aber geprägt und bestärkt haben, seine eigene Kunstform zu suchen und auch zu leben. «Dann mach’s!» ist ein Satz, der an diesem Tag häufig fällt. Ein Satz, der sein Leben in Worte fasst.
Gartenarbeit ist ein wichtiger Teil von Felix Brenners Tagesablauf.
Denn Felix Brenners Leben verlief turbulent. Geboren ist er 1955 in Basel, sein Elternhaus verliess er bereit mit 13 Jahren. Sein Weg führte durch die alternative Basler Kulturszene, er besuchte Grafikkurse an der Schule für Gestaltung. Durch ein Stipendium verschlägt es ihn bis nach New York, später in den Jura. Als er schliesslich via Holland im Thurgau ankommt, lebt er einige Zeit in einem Wohnwagen. Für den Basler Kunstbetrieb findet er wenig schmeichelhafte Worte. «Basel ist undankbar. Für eine Eingabe füllst du fünf andere Kässeli.» Da sei der Thurgau schon wesentlich wertschätzender mit seinen Künstlerinnen und Künstlern.
Die Liebe des Künstlers zur Natur
Brenners Kunst ist geprägt von den Erfahrungen seines Lebens und seines Arbeitsalltags. Mehr noch bestimmt seine Liebe zur Natur sein Wirken. Er zeichnet Pflanzen und fertigt Lithografien an, die das Auge fesseln. Damals noch an seiner Seite: die Hündin Pomme. Heute lebt er mit zwei jungen Katzen zusammen, die Sphinxen gleich Wohnung und Arbeiten bewachen. «Vorsicht, das sind zwei ganz Wilde», warnt er uns lachend. Die beiden Katzen haben es sich im kreativen Chaos gemütlich gemacht. Von hier aus produziert und sendet Brenner auch seine wöchentliche Internet-Radiosendung. Er erzählt, dass er an Ostern Weihnachtslieder gespielt habe und die Freundschaftsanfragen auf Facebook derart explodiert seien, «dass ich fast eine Sekretärin anstellen müsste, um das alles seriös anzugehen.»
Felix Brenner druckt in einer umgenutzten Garage in Altnau.
Felix Brenner möchte uns sein Sommeratelier zeigen. Er bepackt einen kleinen Wagen mit Pflanzen und führt uns durch Altnau. Immer wieder winken ihm Menschen zu, man kennt ihn hier. Und umgekehrt kennt auch er den Ort. So grüsst er etwa ein Schwein, das in der beginnenden Nachmittagshitze im Schatten des Stalls döst, erzählt von Bauvorhaben und den Menschen im Dorf. Als wir in seinem Sommeratelier, den «Eselhof», ankommen, weist er uns auf die Hühner der Bäuerin hin und streichelt die Hofkatze. Dann bringt er die Pflanzen ins kleine Treibhaus. Der Arbeitsplan für den Sommer ist genau durchgetaktet, ein Wechsel aus Garten- und Feldarbeit, Zeichnen und Druck. Diese Kombination macht seine Arbeit aus, merken wir. Brenners Umgang mit der Natur scheint auch sein Zugang zur Kunst zu sein, und umgekehrt der Schlüssel für das Publikum, seine Arbeit zu verstehen.
An seinem preisgekrönten Projekt wird er von 2018 bis 2022 arbeiten. Aber Stilleben, Malerei, Lithografie, Radiosendung, Radierung und Naturstudien, Fotografie und Video werden auch weiterhin ein Ganzes ergeben. Und als Gesamtes dann umgekehrt einen ganz eigenen Blick ins Leben und Wirken Felix Brenners. Dass er sich im Kulturbetrieb wenig akademisch bewegt und einen anderen Zugang zur Kunst gefunden hat, passt zur Brenners Biographie. Und er ist sich dessen auch bewusst. «Finde deine eigene Kunstform. Mach es nicht einfach nur so, wie du es gelernt hast, sondern wie du es für richtig findest!», gibt er uns mit auf den Heimweg. Zusammen mit einer Tasche voll Iris-Stecklingen für unseren eigenen Garten.
Aus der kleinen Altnauer Wohnung sendet Felix Brenner sein Radioprogramm.
Die Förderbeiträge und die Serie
Die Förderbeiträge: Es werden pro Jahr maximal sechs Förderbeiträge zu Fr. 25 000.– an Thurgauer Kulturschaffende vergeben. Die Förderbeiträge sind als Kunststipendien für die künstlerische Weiterentwicklung bestimmt und sollen nicht primär für die Realisierung von Kunstprojekten eingesetzt werden. Die Übergabe der Förderbeiträge findet im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung am Donnerstag, 31. Mai 2018, um 19 Uhr im Kino Roxy in Romanshorn statt.
Die Serie: In einer Serie stellen wir alle sechs Begünstigten der diesjährigen Kulturförderbeiträge vor. Neben Felix Brenner sind dies: Micha Stuhlmann, Performerin, Kreuzlingen; Sarah Hugentobler, bildende Künstlerin, Bern; Beat Keller, Musiker, Winterthur; Vincent Scarth, bildender Künstler Zürich; Olga Titus, bildende Künstlerin, Winterthur. Die Medienmitteilung zur Vergabe der Förderbeiträge gibt es hier http://www.thurgaukultur.ch/magazin/3557
Teil 1 der Serie über Micha Stuhlmann: Teil 1 der Serie über Micha Stuhlmann: Zum zweiten Mal erhält die Performerin Micha Stuhlmann einen Kulturförderbeitrag des Kantons. Mit ihrem «Laboratorium für Artenschutz» will sie der Kunst und dem Leben näher kommen: https://www.thurgaukultur.ch/magazin/3595
Teil 3 der Serie über Sarah Hugentobler: Zeitgeistig und ein bisschen unheimlich: Sarah Hugentobler hält ihr Publikum in Atem. https://www.thurgaukultur.ch/magazin/3617
Teil 4 der Serie über Beat Keller: Der Weinfelder Beat Keller ist Noise-Musiker. Er spielt mit einer Feedbacker-Gitarre, einem weltweiten Unikat, experimentelle Musik. Ende Monat erhält er dafür einen Förderbeitrag des Kantons Thurgau. https://www.thurgaukultur.ch/magazin/3624/
Links zum Weiterlesen:
Felix Brenners Facebook-Profil: https://www.facebook.com/felix.brenner2
Seine Radioshow: https://www.mixcloud.com/felix-brenner/
Das Kunstmuseum Thurgau über Felix Brenner: https://ittingermuseum.tg.ch/sammlung/sammlung/kuenstlerinnenkuenstler-von-a-z/kuenstler.html/7914/artist/15
Von Zora Debrunner
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